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Professor Lisanti ist einer der Leiter der Breakthrough Breast Cancer Research Unit, einer Abteilung zur Brustkrebsforschung der Universität Manchester in Großbritannien. Er sieht in den ersten Ergebnissen der Untersuchungen rund um Camillas Vorschlag gleich mehrere Vorteile: Zum einen sind die Antibiotika, die für die bisherigen Versuche eingesetzt wurden, günstig verfügbar, zum anderen werden sie seit Jahrzehnten eingesetzt und sind daher in ihrer Wirkung auf den Menschen und mögliche Nebenwirkungen gut erforscht.

Antibiotika töten Kraftwerke der Krebszellen

Eine davon ist allerdings erst durch Camillas Idee ans Licht gekommen: Wie sich herausgestellt hat, können die Antibiotika eingesetzt werden, um die Mitochondrien von Krebszellen abzutöten. Dabei handelt es sich quasi um die Kraftwerke von Zellen, die Energie produzieren, damit Stammzellen mutieren und sich in Tumore ausbilden können. Krebsstammzellen seien eng verknüpft mit dem Wachstum und wiederholten Auftreten aller Krebsarten, erklärt die Universität Manchester in einer Sendung . Mit herkömmlichen Behandlungsmethoden sei ihnen nur schwer beizukommen, zudem entwickelten Tumore Resistenzen gegen gewisse Therapiearten.

"Ich wusste, dass Antibiotika Mitochondrien angreifen können, und ich habe kürzlich viel zum Thema gearbeitet, wie wichtig sie (die Mitochondrien; Anm.) für das Wachstum von Tumoren sind, aber diese Unterhaltung hat mir geholfen, eine direkte Verbindung herzustellen", erklärt Lisanti die erhellende Wirkung Camillas.

Hilfe gegen die häufigsten Krebsarten

Um die Theorie zu überprüfen, ließ das Ehepaar Lisanti mit Kollegen aus New York und Philadelphia fünf Arten von Antibiotika auf acht verschiedene Tumortypen los. Dabei stellte sich heraus, dass vier der Antibiotika die Krebsstammzellen bei jedem der Tests auslöschten. Dabei handelte es sich um Zellen von Lungen- , Prostata- , Brust- , Eierstock- , Bauchspeicheldrüsen- und Hautkrebs sowie des Glioblastoms, einem der aggressivsten Gehirntumore.

Dass die Antibiotika den ersten Tests zufolge so durchschlagenden Erfolg haben, könnte in der Entwicklungsgeschichte der Mitochondrien begründet sein: Sie stammen vermutlich von Bakterien ab, die sich früh in der Evolutionsgeschichte mit Zellen verbanden - und Bakterien werden bekanntermaßen mit Antibiotika erfolgreich bekämpft. Für gesunde Zellen des Menschen soll der Angriff auf die Krebszellen hingegen ungefährlich sein - im Labor seien keine gesundheitsschädlichen Effekte gefunden worden, so die Universität.

Gut erforscht und für gesunde Zellen ungefährlich

"Diese Forschung liefert starke Argumente dafür, neue Versuche am Menschen zu starten, um Antibiotika zum Kampf gegen Krebs einzusetzen. Viele der Medikamente, die wir verwendet haben, waren extrem effektiv, es gab kaum oder gar keine Schäden an normalen Zellen und diese Antibiotika werden seit Jahrzehnten verwendet und sind bereits zur Verwendung beim Menschen zugelassen", plädiert Lisanti. Die Forschung könnte demnach wesentlich schneller und kostengünstiger vorangehen als jene zu komplett neuen Krebsmedikamenten.

Ganz neu ist die Idee des Antibiotika- Einsatzes gegen Krebszellen nicht. Bisher wurde aber vor allem getestet, wie Antibiotika bei durch Krebs ausgelösten Infektionen wirkt. Bei Lungenkrebspatienten etwa zeigte sich mit dem Antibiotikum Azithromycin eine von 45 auf 75 Prozent erhöhte Überlebensrate über die Dauer eines Jahres. 2009 wurde zudem entdeckt, dass Salinomycin - ein Antibiotikum aus der Tiermast - Tumor- Stammzellen in den Selbstmord treibt. Ob das Mittel je für den Menschen auf den Markt kommt, ist aber immer noch unklar - im Gegensatz zu den nun getesteten Antibiotika wären extensive Tests zur Verträglichkeit beim Menschen nötig.

Quelle Deutsch    Quelle Englisch